30. September 2012

28. September 2012

Alte Muster, neue Muster

Einen Bericht zum Treffen (Link zur Videoaufzeichnung) hat Herbert Wilkens verfasst, aus dem ein Punkt herausgegriffen sei. Ihm zufolge stellten die Grünen neben anderen diese Forderung heraus:

"Unter dem Gesichtspunkt der Geschlechtergerechtigkeit muss das BGE durch geeignete Maßnahmen ergänzt werden. Es soll vermieden werden, dass die Rolle der Frau sich wieder zu traditionellen Verhaltensmustern zurückentwickelt."

Gehen wir einmal davon aus, dass dies so gesagt wurde, wie es in dem Bericht dargestellt ist, handelt es sich um ein bemerkenswertes Dokument dafür, wie das Individuum einer Programmatik untergeordnet wird. Damit wird an die Stelle eines aus Sicht der Autoren überkommenen Musters, ein anderes gesetzt, auch wenn es hier inhaltlich nicht ausgeführt ist. Beide gehen gleichermaßen über das Individuum hinweg, das vermeintlich fortschrittliche ist also nicht besser als das traditionelle. Weshalb sollte einer Frau, die sich mit dem "traditionellen Verhaltensmuster" identifiziert, diese "Rückentwicklung" untersagt werden? Wie - und mit welchem Recht überhaupt - wollen die Autoren die Entscheidung eines Individuums vermeiden? Muss eine Frau, die "traditionell" leben will, einer Bildungs- oder Erziehungsmaßnahme unterzogen werden, um sie von diesem Irrweg abzubringen? Identifiziert sich eine Frau mit dieser "Rolle" nicht, weshalb sollte sie sich in sie zurückdrängen lassen? Trauen die Autoren ihr nicht zu, sich dagegen zu verwahren? Nicht erst mit dem BGE, durch es aber umso mehr, hätten Frauen die Möglichkeit, sich gegen entsprechende Erwartungen zu wehren bzw. könnten sie diese links liegen lassen oder eine öffentliche Debatte anstoßen. Darüber hinaus sind zwei Dinge voneinander zu unterscheiden, die die Autoren einfach zusammenwerfen: eine Geschlechterposition ist dann traditional, wenn ihre Geltung vom Individuum nicht ernsthaft in Frage gestellt wird und diese Position auch kollektiv als verbindlich gilt. So war das "traditionelle Verhaltensmuster", das auch für den Mann galt, nicht oktroyiert, sondern Ausdruck eines kollektiv verbindlichen Lebensentwurfes. Daran änderten auch die wenigen Vordenker nichts, die ihrer Zeit voraus waren. Ist jedoch eine solche Tradition in Auflösung begriffen, was schon länger der Fall ist, und identifiziert sich unter diesen Umständen eine Frau mit der Position als Mutter, ist das keine Rückkehr zu "traditionellen Verhaltensmustern", sondern Ausdruck individuierter Lebensführung und eines positiven Begriffs von Mutter- bzw. Elternschaft. Das BGE würde also gerade etwas ermöglichen und stärken, das heute vom Lobgesang auf Erwerbstätigkeit, Kinderkrippen und Kitas in die Enge gedrängt wird: die Familie. Was die Autoren hingegen - vielleicht entgegen ihrer Absicht - anstreben, läuft darauf hinaus, uns Bürger vorzuschreiben, wie wir zu leben haben - das ist das Gegenteil dessen, was mit dem BGE erreicht werden soll.

Siehe auch "Blinde Flecken in der feministischen Diskussion ums Grundeinkommen" (Ute Fischer)

26. September 2012

"Dialog über unsere bürgeschaftliche Souveränität: das bedingungslose Grundeinkommen" - Antrag für BDK von Bündnis 90/ Die Grünen

Hierbei handelt es sich um einen Antrag für die Bundesdelegiertenkonferenz von Bündnis 90/ Die Grünen. Die BDK ist der Auftakt zum Bundestagswahlkampf 2013, sie dient zur Vorbereitung des Programmparteitags im nächsten Frühjahr.

25. September 2012

Arbeitslosigkeit - „Die Zeit heilt keine Wunden“

Angesichts des notorischen Vorurteils, in der Arbeitslosigkeit würde es sich gar nicht so schlecht leben, erinnert dieser Beitrag in der FAZ an Forschungsergebnisse, die dazu vorliegen. Überraschend sind sie nicht, wer sich schon länger mit dem Phänomen beschäftigt und statt quantitativer fallrekonstruktive Studien durchgeführt oder gelesen hat, der ist mit der Dynamik von Stigmatisierung vertraut.

Angesichts des Loblieds auf die Erfolge der Agenda 2010 sei auch auf den Artikel von Sonja Fehr und Georg Vobruba zur Sache hingewiesen.

24. September 2012

Wege zum Grundeinkommen in Asien - Vortrag von Min Geum



"Freitag, 21.09.2012, 19.00 Uhr, Gästehaus der Universität Bremen, Teerhof 58, 28199 Bremen. Mit Min Geum, Seoul (Südkorea), Basic Income Korean Network. In Asien sind bereits Grundeinkommensformen realisiert. Nach dem Vorbild von Alaska erhält die Bevölkerung in der Mongolei und im Iran Gewinnanteile aus der staatlichen Bodenschatzförderung. Ansätze im Iran und in der Mongolei, Modelle für Japan und Südkorea."

23. September 2012

Grüne MdBs laden Piraten zur Diskussion ein

Mitglieder der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/ Die Grünen haben die Piraten zum Gespräch über "Perspektiven zur weiteren Verbreitung der Grundeinkommensidee" eingeladen. Das Treffen ist für den 24. September, 17-19 Uhr, in Berlin vorgesehen. Nähere Informationen auch darüber, wer teilnimmt, finden Sie hier. Live-Stream hier.

22. September 2012

21. September 2012

20. September 2012

Europäische Bürgerinitiative im ersten Anlauf abgelehnt

Das Netzwerk Grundeinkommen berichtet:

"Die EU-Kommission hat den ersten Anlauf zu einer Europäischen Bürgerinitiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen abgelehnt. Die Antragsteller arbeiten an einer neuen Formulierung und nehmen erneuten Schwung auf. Kurz vor dem BIEN-Kongress wurde den Initiatoren der Bürgerinitiative mitgeteilt, dass ihr Antrag von der EU-Kommission nicht bearbeitet werden könne, da der Kommission die Kompetenz für die Umsetzung des Bürgerverlangens fehle. Schon während der Konferenz wurde darüber berichtet und das weitere Vorgehen beraten.
Die Entscheidung fiel eindeutig aus: Aufgeben kommt nicht in Frage. Ein neuer Text soll die Petition unangreifbar machen. Für Einzelheiten siehe kathweb, die Katholische Presseagentur Österreich."

(siehe unseren früheren Kommentar hier)

14. September 2012

Streaming vom BIEN Kongress in Ottobrunn

Für all diejenigen, die den BIEN-Kongress nicht besuchen können, gibt es die Möglichkeit, per Live-Stream die Veranstaltung zu verfolgen. Das Streaming wird von priatenstreaming angeboten

13. September 2012

12. September 2012

"Grundeinkommen. Von der Idee zu einer europäischen politischen Bewegung" - Buch erschienen

Einer weiteres Buch zum Grundeinkommen ist nun erschienen herausgegeben von Ronald Blaschke, Adeline Otto und Norbert Schepers, Grundeinkommen. Von der Idee zu einer europäischen politischen Bewegung. Hamburg: VSA-Verlag/ Rosa-Luxemburg-Stiftung. Der Band steht zum Herunterladen bereit.

9. September 2012

"Wege zum Grundeinkommen" - Broschüre der Heinrich Böll Stiftung erschienen

Nun ist auch die Broschüre der Wege zum Grundeinkommen, herausgegeben von Dirk Jacobi, Wolfgang Strengmann-Kuhn und dem Bildungswerk Berlin der Heinrich-Böll-Stiftung. Bislang kann sie nur in der Druckversion bezogen werden, soll demnächst aber auch als PDF verfügbar sein.

6. September 2012

"Das Grundeinkommen. Würdigung, Wertungen, Wege" - Sammelband erschienen

Nun ist der Sammelband Das Grundeinkommen. Würdigung, Wertungen, Wege, hrsg. von Götz W. Werner, Wolfgang Eichhorn und Lothar Friedrich erschienen. Hier kann der Band heruntergeladen werden. Darin ist auch ein Beitrag von Sascha Liebermann "Das Menschenbild des Grundeinkommens - Wunschvorstellung oder Wirklichkeit?" enthalten.

4. September 2012

Auf und Ab in einem Leben als Schauspieler

In dem Beitrag "Von Hundert auf Null" in der Augustausgabe von brandeins schildert ein Schauspieler die Unwägbarkeiten und Mühen seines Berufs, fehlende Anerkennung und Einkommensengpässe. Was ein Bedingungsloses Grundeinkommen nicht beheben könnte, wäre das Gefühl, als Schauspieler nicht mehr anerkannt zu sein und sich deswegen mit anderen stets zu vergleichen, wie es im Text geschildert wird. Ein ausreichend hohes BGE allerdings würde durch eine gewisse Einkommenssicherheit einen festen Boden dafür schaffen, mit dieser Situation anders umzugehen (siehe auch hier).

Anlässlich des Münchner Grundeinkommenskongresses wird im Podiumsgespräch am Freitagabend auch um die Frage gehen, wie sich ein BGE auf das Kulturleben auswirken könnte. Teilnehmer: Michael Fitz (anstelle von Michael Brandner), Sascha Liebermann und Susanne Wiest. Moderation: Renate Börger.

2. September 2012

"Argumentationen gegen ein bedingungsloses Grundeinkommen"



Aus dem Veröffentlichungstext der Iniatitive Grundeinkommen Basel:

“Man kann sagen, ich will die Freiheit nicht. Aber man hat sie.” Sascha Liebermann

Enno Schmidt im Studiogespräch mit Dr. Sascha Liebermann im Safe des unternehmen mitte in Basel am 20. August 2012: Die Lancierung der Schweizer Volksinitiative zum Grundeinkommen erregte ein breites Interesse bei den Medien. Der Vorschlag wird nicht mehr nur belächelt, er wird auch bekämpft. Zum Beispiel “Das Grundeinkommen raubt denn Menschen die Freiheit” in der NZZ, “Ja zur Faulheit” im Tagesanzeiger, “Ausgearbeitet?” in der ZEIT. Was spricht sich in solchen Titeln aus? Was sind die Hintergründe der Gegenargumentationen? Nebst klaren Gegner wie Roger Köppel, Verleger der Weltwoche oder etwa Christoph Mörgeli, Parteistratege bei der SVP melden sich auch Personen wie der linke Ökonom und ehemaliger Preisüberwacher Rudolf Strahm “Süsser Traum: Das bedingungslose Grundeinkommen” mit leicht missverständlichen Argumenten zu Wort. Enno Schmidt geht zusammen mit Sascha Liebermann den Gegen-Argumentationen nach und schält heraus, was für Missverständnisse, Einsichten und Absichten sich darin verbergen. 

*Der Soziologe Sascha Liebermann ist einer der Pioniere der Grundeinkommens-Bewegung. Er ist Mitbegründer der Initiative Freiheit statt Vollbeschäftigung und Autor zahlreicher Betrachtungen und Studien. Siehe zum Beispiel Schlaraffenland oder verwirklichte Bürgergesellschaft?, ETH Zürich 2012.

1. September 2012

Leistung statt Status? - Überraschende Argumente eines einstigen BGE-Befürworters

Christoph Schlee, langjähriger Grundeinkommensbefürworter, schreibt in seinem Beitrag "Grundeinkommen, nicht bedingungslos" darüber, weshalb er heute ein Bedingungsloses Grundeinkommen doch nicht für eine so gute Idee hält. Mittlerweile gibt es auch Kommentare zum Beitrag.

Meine Kritik möchte ich auf die Maxime: Status statt Leistung (siehe auch hier) reduzieren, denn aus ihr lassen sich alle Argumente ableiten. Ein Bedingungsloses Grundeinkommen rechtfertigt sich vor dem Hintergrund unserer politischen Ordnung. Es bringt zum Ausdruck, was ihre Grundlage heute schon ist: die bedingungslose Anerkennung des Souveräns, der Staatsbürger um ihrer selbst und der politischen Gemeinschaft willen. Ein Gemeinwesen muss sich, das gilt auch heute, darauf verlassen können, dass sich jeder seinen Fähigkeiten und Möglichkeiten gemäß einbringt, ohne aber bestimmen zu können, worin dieses Einbringen besteht. Wo nun notwendige Leistungen nicht erbracht werden, gibt es in einem demokratischen Gemeinwesen - auch das gilt für heute gleichermaßen - keinen anderen Weg, als darüber öffentlich zu diskutieren. Dass eine Bedarfsprüfung für Bedarfe oberhalb eines BGEs sich anders darstellte als heute, habe ich hier dargelegt. Jegliche Beschränkung eines Grundeinkommens auf spezifische Gruppen, auf Bedürftige (oder Arme) oder seine Fassung als Prämie für erbrachte Leistung verkehrt seinen Sinn. So würde es im heutigen Missstand verharren, in dem Erwerbstätige Vorrang vor Bürgern haben.

Sascha Liebermann